Gedichte und Geschichten von Josef Festing
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Nora und ihr Norkelchen (Teil 1 und Teil 2)
Die Geschichte von Nora und ihrem Norkelchen (Teil 1)
(von Josef Festing)



Es war einmal ein kleines Mädchen, das hieß Nora. Nora war fünf Jahre alt und hatte sich gerade mit ihrer älteren Schwester gestritten. Sie lief aus dem Haus, überquerte die Straße und rannte direkt zum Wald hinüber. Dort angekommen, setzte sie sich auf einen morschen Baumstumpf und begann leise zu weinen. Ihre Schwester war so gemein zu ihr gewesen. Sie wollte sie nicht zum Spielplatz mitnehmen, weil sie, wie sie sagte, noch zu „babyhaft“ sei. Nora schluchzte: „Ich will gar nicht mit zum Spielplatz, hier im Wald ist es viel schöner!“ Während sie sich die kleinen Tränen mit dem Ärmel ihres Sweatshirts abwischte, hatte sie plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie drehte sich blitzschnell um und konnte gerade noch erkennen, wie eine kleine Gestalt hinter einen knorrigen Baum huschte. Neugierig bewegte sie sich auf den Baum zu. Als sie nur noch wenige Schritte entfernt war, sprang ihr das Wesen plötzlich mit einem Satz vor die Füße und flatterte mit seinen gelb schimmernden Flügeln. Nora war vor Schreck zur Seite gesprungen und über eine Baumwurzel gestolpert. Zum Glück war sie im weichen Moos gelandet. Als sie ihren Kopf erhob, blickte sie direkt in das kleine Gesicht des merkwürdigen Gesellen. Seine schweinsartige Nase war dunkelgrün und seine blauen Haare standen in alle Himmelsrichtungen vom Kopf ab. „Tu' mir bitte nichts,“ sagte Nora, „ich lasse dich auch in Ruhe!“ Ihr Blick wanderte zu den mit spitzen Krallen versehenen Füßen des geradewegs vor ihr stehenden Wesens. „Wo denkst du hin?“ antwortete es mit pumucklartiger Stimme. „Ich bin ein Norkel und habe noch nie im Leben jemandem etwas zu Leide getan. Im Gegenteil, die wenigen Menschen, die mich jemals zu Gesicht bekommen haben, sind heute noch glücklich darüber.“ Nora setzte sich auf und starrte den Norkel ungläubig an. „Du kannst sprechen?“ stammelte sie. „Selbstverständlich! Ich kann sogar noch viel mehr. Wenn ich dich zum Beispiel mit meiner grünen Ferkelnase berühre, wirst du nie wieder krank werden. Aber, am besten ist es, wenn ich dir erlaube, eines meiner Zauberhaare heraus zu reißen. Dann muss ich nämlich immer bei dir bleiben und niemand außer dir, kann mich sehen. Und weißt du was, ich erlaube es dir, denn ich mag dich!“

Nora war sofort einverstanden und als das Norkelchen, so wurde es nämlich von nun an von ihr genannt, seinen Kopf nach vorne beugte, zupfte ihm das Mädchen vorsichtig ein blaues Haar aus seinem Wuschelkopf, Der kleine Gesell sprang auf Noras Arm und beide machten sich vergnügt auf den Heimweg. Wenn Nora gewusst hätte, was es mit Norkelchens Flügeln auf sich hatte, wer weiß, ob sie ihn dann auch noch mitgenommen hätte.

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Ende des 1. Teils (Autor Josef Festing, illustriert von Nora Festing, 17.11.1999)


Die Geschichte von Nora und ihrem Norkelchen (Teil 2)
(von Josef Festing)



Als Nora mit ihrem Norkel nach Hause kam, saß ihre Schwester Laura vor der Tür und grinste sie schadenfroh an. „War echt schön auf dem Spielplatz, Thorben war auch da,“ sagte sie schnippisch. Laura wusste genau, dass sie ihre Schwester damit treffen konnte, denn Nora mochte Thorben und sie spielte gern mit ihm. Normalerweise wäre sie jetzt sehr traurig gewesen, aber heute war alles anders. Sie ging mit einem breiten Lächeln im Gesicht an Laura vorbei und erwiderte nur: "Wie schön für dich!“ In ihren Augenwinkeln konnte Nora gerade noch erkennen, wie Lauras Kinnlade herunter fiel und sie ihr fassungslos nachblickte. So etwas hatte sie offensichtlich noch nicht erlebt, dass ihr Schwesterlein sich nicht provozieren ließ. Aber sie konnte ja auch nicht ahnen, was Nora auf ihrem Arm trug und was das kleine Kerlchen gerade trieb. Es hatte nämlich seine lange Zunge heraus gestreckt und zog eine Fratze, während es in Lauras Richtung schaute. Nora musste unweigerlich lachen. Sie ging schnurstracks in ihr Zimmer und verschloss die Tür hinter sich. „Du bist mir schon ein Schlawiner,“ schmunzelte sie, „aber recht hast du, die olle Zicke soll sich bloß nicht so aufspielen!“
Das Norkelchen war mit einem Satz auf ihr Bett gesprungen und hüpfte voller Vergnügen auf und ab. Dabei sang es mit seiner ungewöhnlich quäkenden Stimme:

„Olle Zicke Laura,
kuckt so wie`n Saurier,
offen steht ihr Mund,
im Kopf nicht ganz gesund!“

Um dem ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen, flatterte Norkelchen heftig mit den Flügeln. Das hätte es jedoch besser nicht getan! Überall begannen plötzlich Blumen zu wachsen, die buntesten und farbenprächtigsten überhaupt. Zunächst fand Nora das wunderschön. Im ganzen Haus blühte es an allen Ecken und Enden, in jedem noch so versteckten Winkel. Selbst im Kühlschrank und aus dem Wasserhahn im Badezimmer rankten kleine hübsche Blümchen. Nach einer Weile war alles zugewachsen und man konnte fast keinen Schritt mehr tun, ohne eine zu zertreten. Aber selbst wenn, wuchsen sofort wieder neue, noch schönere Blumen nach. Als sich dann auch noch aus den Ohren ihrer Puppe und aus dem Bauchnabel ihres Lieblingsteddys Blütenkelche entfalteten, bekam Nora es mit der Angst zu tun. Draußen vor der Zimmertür hörte sie ihre Mutter mit aufgeregter Stimme rufen: „Wo kommen denn bloß die vielen Blumen her? Wenn das so weitergeht, werden wir noch daran ersticken!“

Nora beugte sich zu dem Norkel hinunter, der inzwischen auf der Bettkante hockte und flüsterte ihm flehentlich zu: „Bitte mach', dass das Gewachse aufhört!“ „Das kann ich nicht“, entgegnete er, „wenn du willst, dass die Blumen wieder verschwinden, musst du mich in den Wald zurück bringen!“ Ohne lange zu überlegen, schnappte Nora den kleinen Wicht und bahnte sich mühsam einen Weg durch das Blumenmeer bis zur Haustür. Dort stand ihre immer noch ziemlich dumm aus der Wäsche schauende Schwester, die gerade niesen musste, weil ihr Gänseblümchen aus der Nase wuchsen. Nora nahm kaum Notiz davon, sondern eilte mit großen Schritten, ihr Norkelchen auf dem Arm, über die große Wiese zum Waldrand. Sie war völlig außer Atem, als sie dort ankam und ihren kleinen Freund an einer hoch gewachsenen Fichte auf weichem Moos absetzte. Die beiden unterhielten sich noch eine Weile angeregt miteinander und Nora musste oft lachen, weil das Norkelchen so lustig war.

Als die Sonne langsam unterging, verabschiedeten sie sich herzlich voneinander, umarmten sich noch einmal ganz fest und versprachen, sich in genau einem Jahr an derselben Stelle wieder zu treffen. Zum Schluss gab Nora ihrem lieb gewordenen Freund einen dicken Kuss auf die ein wenig zu groß geratene Nase; dies war notwendig, weil er sonst für immer hätte bei ihr bleiben müssen, wie er es ihrer ersten Begegnung ja versprochen hatte. Mit dieser Geste gab sie ihm sein Wort zurück. Als er daraufhin wie ein Känguru hüpfend im Wald verschwand, blickte sie ihm sehnsüchtig nach. Mit einer Träne im Auge wandte Nora sich um und ging, nachdem sie noch einmal einen tiefen Seufzer von sich gegeben hatte, nachdenklich, aber zufrieden, nach Hause.

Nichts war dort mehr zu sehen von der seltsamen Blumenplage, die in der Nachbarschaft jedoch noch lange in aller Munde war, denn Laura, Noras Schwester, wurde nicht müde, es überall herum zu erzählen. Nora gegenüber verhielt sie sich von nun an immer sehr freundlich und sie nahm sie sogar, ohne zu murren, jedes Mal mit auf den Spielplatz.

Einige Monate später wollte Nora wie jeden Abend zum Schlafen gehen ein Kuscheltier aus ihrer Spielkiste nehmen. Sie öffnete den Deckel und erblickte sogleich ein seltsames kleines Blümchen mit gelben Blättern, blauer Blüte und einem grünen Klecks in der Mitte. Sie wusste sofort, dass dies ein Gruß von ihrem lieben Norkelchen sein musste. Das Blümchen bekam einen Ehrenplatz in ihrem Zimmer und immer, wenn Nora es zukünftig anschaute, musste sie an den ulkigen kleinen Kerl mit der grünen Ferkelschnauze denken. Und genauso wie Nora in ihrem ganzen Leben niemals mehr krank wurde, sie hatte ja seine Nase berührt, welkte diese Blume auch nie. Sie blieb immer frisch und ihre Farben leuchteten wie am ersten Tag.

Ob sich die beiden ungleichen Freunde, wie verabredet, nach einem Jahr im Wald wieder getroffen haben, das erzähle ich dir beim nächsten Mal. 

                                                                                          - - - -

(geschrieben von Josef Festing am 21.11.1999 während eines Krankenhausaufenthaltes, Illustration von Nora Festing)
 
   
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