Taratatahiti
(Eine lustige Familiengeschichte von Josef Festing)
Es war an einem Sonntagnachmittag Anfang der achtziger Jahre. Die ganze Familie schaute einen Film mit Heinz Rühmann („Kleider machen Leute“). In diesem Film spielte Heinz Rühmann einen Schneidergesellen, der einen Frack verpfuscht hatte und von seinem Meister deshalb vor die Tür gesetzt worden war. Der Film ist uns allen deshalb in Erinnerung geblieben, weil darin ein Lied gesungen wurde, das eine sehr einprägsame Melodie hat mit folgendem Refrain: „Taratatahiti, taratatahiti ...“ Mein Vater konnte sich die Melodie und den Refrain nicht merken, so dass wir ihn von Zeit zu Zeit fragten, ob er sich noch daran erinnern könne. Jedes Mal war es dasselbe, er konnte sich noch so anstrengen, es fiel ihm einfach nicht ein! Wir mussten ihm den Refrain immer wieder von Neuem vorsingen.
Eines Tages, nach einem weiteren erfolglosen Versuch, sich zu erinnern, schrieb er schließlich die Worte „Taratatahiti, taratatahiti“ mit einem Bleistift auf die Rückseite des „Gärtner-Pötschke-Kalenders“, der neben dem Fernseher hing. Wenn wir ihn beim nächsten Mal fragen würden, wollte er vorbereitet sein und einfach auf der Rückseite des Kalenders nachsehen, um uns dann triumphierend die Melodie zu präsentieren. Meine Geschwister und ich wollten ihm diesen Triumph jedoch nicht gönnen und radierten deshalb die Notiz auf dem Kalender heimlich wieder aus. Stattdessen schrieben wir etwas Anderes darauf. Einige Tage später war es dann soweit. Unsere stets gleichlautende Frage konnte er wie immer nicht beantworten. Nach einer Weile des Überlegens hob er schließlich mit einem Lächeln auf den Lippen seinen rechten Zeigefinger und sagte: „Ach ja, ich hab’s mir ja aufgeschrieben!“ Er ging zum Kalender, drehte ihn voller Genugtuung um und stammelte dann mit ungläubiger Miene folgendes Wort: „An-ge-schi-ssen!?“ Ich glaube, wir alle haben seither nie wieder so herzhaft gelacht wie an diesem Tag.
(geschrieben am 03.01.2004)